Ein Wort zu Fluginstrumenten (oder: Warum kriege ich immer so seltsame Steig- und Sinkwerte)

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Die Flugdaten, die ein Vario bzw. GPS liefert, sind leider alles andere als eindeutig. So mancher Pilot wundert sich darüber, dass z.B. seine Steig- und Sinkwerte im Flugbuch (und zwar unabhängig von dessen Hersteller) oder auf den OLC-Seiten auf heftige Turbulenzen aussehen, während er selber den Flug als durchaus geruhsam in Erinnerung hat und auch der Flugspeicher seines Varios nichts Ungewöhnliches offenbart. Auch anders herum entsteht Verwirrung: das Vario dokumentiert kernige Bewegungen, und das IGC-File zeigt nur laue Lüftchen.

Mit anderen Worten: Steig- und Sinkwerte, die aus IGC-Dateien, auch vom Vario erzeugten, errechnet werden, stimmen hinten und vorne nicht!

Diese Unterschiede hängen stark vom jeweiligen Gerät, aber auch von einer Eigenheit des IGC-Formats ab. Grundsätzlich liegen allen Steig- und Sinkwerten Höhenangaben zugrunde. Je nach Gerät werden aber GPS- und/oder barometrische Höhen gemessen und/oder gespeichert. Beispiele:

bei einem Vario ohne Barograf (z.B. IQ Basis) werden die Maxima/Minima der Steigwerte direkt gemessen und auch über die Schnittstelle ausgeliefert. Wenn man Glück hat; Bräuniger/FlyTec z.B. behalten A3 und das maximale Sinken für sich...
bei einem Vario mit (eingeschaltetem) Barograf (z.B. IQ Competition)  werden die Maxima/Minima der Steigwerte direkt gemessen. Zusätzlich werden ggf. die barometrischen Höhen protokolliert und zusammen mit den Maxima/Minima ausgeliefert. Wiederum: nur wenn man Glück hat, denn auch hier bleiben A3 und das maximale Sinken bei Bräuniger/FlyTec im Gerät - aber wenigstens kann hier die Software die fehlenden Werte aus den Barografendaten errechnen, die wegen der gleichen Quelle (Luftdrucksensor) auch widerspruchsfrei sind. Dafür hat es bei älteren Modellen/Firmwareversionen auch Sprünge in der barometrischen Höhenaufzeichnung gegeben - und natürlich garantiert niemand für die korrekt kalibrierte Höhe beim Start!
bei einem Kombigerät (z.B. Compeo) wird alles mögliche gemessen: direkte Steig- und Sinkwerte, barometrische Höhen und GPS-Höhen. Wobei die beiden Höhenangaben voneinander abweichen; sobald z.B. für einen Moment ein Satellit ausfällt, macht die GPS-Höhe einen Sprung. Dafür variiert die barometrische Höhe mit Luftdruck und Temperatur; zudem kann sie beim Start manuell korrigiert werden. Kurzum: die Daten sind bereits bei der Messung unsicher und dazu widersprüchlich, können dafür jedoch durch softwareseitige Maßnahmen verbessert werden.
ein reines GPS liefert GPS-Höhen. Diese können modellabhängig durch barometrische Messungen (z.B. in Garmin-Geräten mit einem "sx" am Ende der Typenbezeichnung) ergänzt werden, die dann aber - wenn überhaupt - bereits geräteintern und nur zur Glättung der GPS-Höhen verwendet werden

Hier hängt es nun sehr davon ab, was der Gerätehersteller mit den Messdaten macht. Da gibt es wiederum verschiedene Vorgehensweisen:

Competino bis Firmware 1.18 / Compeo bis Firmware 2.24 (sowie die FlyTec-Pendants) speichern die ggf. manuell korrigierte barometrische und die GPS-Höhe. Im Flugspeicher weisen sie die Maxima der barometrischen Anzeige aus, an den PC liefern sie ein IGC-File mit beiden Höhenverläufen. Wenn eine Software aus diesen Daten ein unkorrigiertes Höhendiagramm erstellt, stimmen dessen Höhenangaben mit dem Flugspeicher überein (z.B. FlyChart), weichen aber in Abhängigkeit von der manuellen Korrektur am Start von der Realität ab.
 
ParaFlightBook versucht eine Kompensation, indem es über die flachen Teile des Höhendiagramms bei der Landung (der Start hat sich mittlerweile als zu unsicher erwiesen und wird deshalb seit Build 1.1.040 ignoriert) einen Korrekturwert anhand der GPS-Höhe (die da noch am zuverlässigsten ist) ermittelt. Mit diesem wird das gesamte barometrische Höhendiagramm angepasst, so dass die Start-, Lande-, Maximalhöhen sowie Startüberhöhung auch ohne die manuelle A1/A2-Korrektur sehr realistisch sind. Außerdem wird die automatische Start/Landeerkennung des Varios korrigiert, indem die Zeiten anhand der og. flachen Teile auf die letzten bzw. ersten konstanten Höhen bezogen werden; die automatische Erkennung muss hier immer je nach Messintervall mehr oder weniger zu spät liegen. Schließlich findet noch eine einfache, lineare Extrapolation eventueller Extrema zwischen zwei Messpunkten statt, um auch bei größeren Tastraten noch halbwegs zuverlässig Klapper, Manöver etc. erkennen zu können.
 
Weiterhin werden auch Start- bzw. Landeplateaus sowie deren Fehlen (wenn z.B: der Pilot sein Instrument erst während des Fluges zugeschaltet hat) erkannt, so dass die ermittelten Flugzeiten immer korrekter als die vom Gerät "erkannten" sind.
 
Für die Geschwindigkeitsmessung werden extreme Spitzenwerte durch vorübergehenden GPS-Signalverlust erkannt und ausgefiltert. Invalide Punkte gehen generell in keine Berechnung mit ein.
neuere Competinos ab Firmware 1.21beta / aktuelle Compeos und Compeo/Competino plus liefern die auf 1013 HPa normierte QNH-Höhe. Die stimmt natürlich so gut wie nie, hat aber ebenfalls keine gravierenden Fehler und ist als Normkurve genauso gut wie jede andere.
 
ParaFlightBook kompensiert in der gleichen Weise wie bereits beschrieben.
künftige Competino/Compeo/FlyTec könnten von den Bestrebungen des Herstellers profitieren, bereits im Gerät barometrische und GPS-Höhe mittels intelligenter Filter zusammen zu führen und als einen Wert auszuliefern. Ab den Firmwareversionen 3.29 (Compeo/FlyTec 60xx) bzw. 3.09 (Competino/FlyTec 50xx) werden die kompletten Flugspeicherwerte ausgeliefert; eine Ermittlung von Extrema durch Extrapolation fehlender Werte findet daher nicht mehr statt.
IGC's aus Garmin-Geräten, die z.B. mit GPSMap oder MaxPunkte erzeugt worden sind, erhalten keine Höhenkorrektur, weil sie ohnehin nur einen Höhensatz liefern.
 
ParaFlightBook kompensiert jedoch in der gleichen Weise wie bereits beschrieben die Start- und Landezeiten und verwendet für die Ermittlung von Steig- und Sinkmaxima einen Glättungsfaktor, der in der IGC-Maske eingegeben werden kann. I.d.R. reicht 2 bei gutem Satellitenempfang aus, um realistische Werte zu erhalten.

Grundsätzlich gelten folgende Merksätze:

1.GPS-Höhen sind in Ruhe relativ genau, stimmen jedoch aufgrund eines gewissen Zeitversatzes erst nach einer Weile und schwanken stark in der Bewegung  (durch den Versatz sind sie in dieser noch zusätzlich verzerrt). Sie liefern also gegen Flugbeginn und noch besser zu dessen Ende hin brauchbare Korrekturdaten, die auf den ganzen Flugverlauf angewendet werden können.
2.Barometrische Höhen geben den zeitlichen Verlauf eines Fluges ziemlich gut wieder, sind aber meistens absolut verschoben. Sie taugen ohne Korrektur nur zur Erstellung des Variogramms, welches dafür sehr realistisch ist. Das gilt insbesondere für reine Barografen.
3.Für die Ermittlung des Höhendiagramms bzw. der Absoluthöhen können barometrische und GPS-Höhen durch eine Flugbuch- bzw. Auswertungssoftware intelligent zusammengeführt werden. Die Glättung aufgrund der Länge des Messintervalls ist vernachlässigbar.
4.Für die Ermittlung des Variogramms - sofern erforderlich - ist nur die barometrische Messung, auch bei Anpassung durch einen Korrekturwert, von Bedeutung. Ist sie gegeben, verzerren größere Tastraten die Extrema hin zu geringeren Werten. Sind nur GPS-Höhen verfügbar, ist das Variogramm aufgrund der Messfehler hingegen zu extrem und muss geglättet werden (hier wiederum würden große Tastraten einen ähnlichen Effekt haben, aber die Aussagekraft verringern).
5.Steig- und Sinkwerte aus IGC-Dateien hängen auch von der Filterlogik (sofern vorhanden) ab, die bei deren Erstellung verwendet worden ist.
6.Steig- und Sinkwerte im Flugspeicher eines Varios stimmen, kommen aber i.d.R. unvollständig oder gar nicht nicht über die Computerschnittstellen mit.
7.Die Steig- und Sinkwerte maschinell eingelesener Flugdaten stimmen also häufig nicht. Je nach verwendetem Gerät und Anspruch an die Genauigkeit der Extremwerte gibt es drei Möglichkeiten, zu besseren Werten zu kommen: (a) die Kompensationsalgorithmen der Software, evtl. in Kombination mit (b) der Verwendung eines automatischen Glättungsfaktors beim IGC-Import (vgl. IGC-Import), sowie (c) die manuelle Korrektur der Werte.